Was Sie zum PIM-Gold-Prozess wissen müssen

Noch lange vor dem spektakulären Finanzskandal um das Fin-Tech-Unternehmen Wirecard sorgte im Herbst 2019 der Edelmetallhändler PIM Gold für ähnlich großes Aufsehen. Das Unternehmen soll nach derzeitigem Stand mehr als 7.000 Anleger um mehrere Millionen Euro betrogen haben, indem es sich ein Schneeballsystem zunutze machte und das Geld neuer Kunden nicht wie versprochen in den Altgoldhandel investierte, sondern mit diesem die Ansprüche von Kunden deckte, die bereits zu einem früheren Zeitpunkt in den vermeintlichen Altgoldhandel investiert hatten. Im Dezember 2020 hat nun der Prozess rund um den PIM-Gold-Skandal begonnen.

Das Geschäftsmodell von PIM Gold

Das Unternehmen PIM Gold verkaufte unter verschiedenen Namen bereits seit 2008 Gold an Anleger. Das Edelmetall wurde allerdings nicht zum Marktwert verkauft, sondern mit einem Aufschlag von rund 30 Prozent. Mit diesem wurde das achtstufige Provisionssystem finanziert. Kunden wurden hingegen damit gelockt, dass sie je nach Modell Bonusgold als eine Art Verzinsung von dem von PIM Gold verwahrten Bestand erhalten würden. Darüber hinaus wurde den Kunden vermittelt, sie könnten Preisrisiken eliminieren, da von der Marktentwicklung unabhängige Rückkäufe möglich seien.

Der PIM-Gold-Skandals

Am 4. September 2019 wurden die Geschäftsräume des Goldhändlers in Heusenstamm bei Frankfurt am Main von der Staatsanwaltschaft Darmstadt durchsucht. Begründet wurde diese Razzia mit dem Vorwurf des gewerbsmäßigen Betrugs. Noch vor Ort wurden der geschäftsführende Gesellschafter der PIM Gold festgenommen und Vermögenswerte gesichert, um die Durchführung der gesetzlichen Erziehungsvorschriften zu gewährleisten. Auslöser für die Durchsuchung war wohl auch ein offener Brief, in dem von großen Mengen an fehlendem Gold gesprochen wurde.

Mitte September desselben Jahres zeichnete sich bereits ab, dass sich der Aufruhr um PIM Gold zu einem großen Anlegerskandal entwickeln würde. Es stellte sich nicht nur heraus, dass das Unternehmen weniger Gold auf Lager hatte, als es seinen Kunden einst verkaufte. Auch wurde klar, dass es sich bei dem Geschäftsmodell von PIM Gold womöglich um ein Schneeballsystem handle. So soll das Unternehmen über Vermittler Kunden angeboten haben, Geld in den Altgoldhandel zu investieren und dadurch eine Beteiligung an einem „Gold-Recyclingkreislauf“ zu erhalten. Die Gelder neuer Kunden wurden von PIM Gold allerdings vornehmlich dafür verwendet, Provisionen an die Vermittler zu bedienen und Altanleger auszuzahlen. Zum damaligen Zeitpunkt ging man davon aus, dass fast zwei Tonnen Gold im Wert von rund 80 Millionen Euro fehlen würden, da lediglich 228 Kilogramm Gold anstelle der angeblich vorrätigen 2,11 Tonnen Gold gefunden wurden.

Aktueller Goldpreis

Anfang Oktober konnten die einstigen Kunden von PIM Gold zumindest etwas aufatmen. Die Ermittler konnten nämlich weitere 500 Kilogramm Gold sicherstellen – vermisst wurden aber noch immer mehr als 1,5 Tonnen des Edelmetalls.

Ende November stellte der Insolvenzverwalter Renald Metoja dann den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Ihm und seinem Team sei eine vollständige Aufarbeitung der Buchhaltung der PIM Gold nicht gelungen. Aufgrund des fehlerhaften Warenwirtschaftssystems hätten einzelne Kunden mehr Gold erhalten, als ihnen eigentlich zugestanden wäre. Doch dank des eingeleiteten Insolvenzverfahrens war es Kunden der PIM Gold dann von Anfang bis Ende Dezember möglich, ihre Ansprüche anzumelden. Insgesamt wurden in diesem Zeitraum Forderungen von bis zu 155 Millionen Euro angemeldet. Ende März 2020 dann entdeckte der Insolvenzverwalter weitere Edelmetall-Bestände im Wert von rund 32,5 Millionen Euro. Eine Sicherung anderer Vermögenswerte war allerdings nicht möglich.

Der PIM-Gold-Prozess

Fast ein Jahr nachdem die Gläubiger ihre Ansprüche anmelden konnten, hat nun am 8. Dezember 2020 der PIM-Gold-Prozess vor dem Landgericht Darmstadt begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft zwei früheren Verantwortlichen des Edelmetallhändlers schweren Betrug vor. Ein schneller Prozessverlauf wird derzeit nicht erwartet, da die Verhandlungstermine bis in den Juni des Jahres 2021 reichen und auch eine darüber hinausgehende Verlängerung nicht auszuschließen ist. Nach Angaben eines Gerichtssprechers gehören rund 13 Meter Akten zu dem Verfahren gegen PIM Gold. Die Anklageschrift selbst umfasse 226 Seiten. Zudem seien 140 Zeugen geladen.

PIM-Gold-Prozess

Der Anklage zufolge soll das Unternehmen von 2016 bis September 2019 viele der sogenannten „Bonus-Gold-Verträge“ abgeschlossen haben, in denen Kunden eine Investmentbeteiligung am Altgoldhandel vorgeschlagen wurde. So sollten diese von einem „Gold-Recyclingkreislauf“ profitieren. Entsprechend der Investitionshöhe hätte PIM Gold physisches Gold einlagern sollen. Insgesamt hätten nach heutigem Erkenntnisstand 3,38 Tonnen Gold vor Ort lagern müssen. Aufgefunden wurde bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt allerdings nur ein Bruchteil dessen, weshalb es kaum möglich sein wird, die ausstehenden Kundenforderungen von derzeit 180 Millionen Euro erfüllen zu können.

Aktuell geht man davon aus, dass PIM Gold das Geld der Kunden nicht für den Altgoldhandel eingesetzt hat. Viel mehr soll das von neuen Kunden erhaltene Geld dafür verwendet worden sein, die Ansprüche jener Kunden zu erfüllen, die bereits früher investiert hatten. Einige Kunden investierten der Darmstädter Staatsanwaltschaft zufolge nur überschaubare Beträge, während es für andere um Verluste in sehr großem Umfang geht.

Der bereits im September 2019 festgenommene geschäftsführende Gesellschafter der PIM Gold hat bislang keine Angaben zu den Vorwürfen gemacht.

PIM-Gold: Wie geht es nun weiter?

Im Februar 2021 zahlte der Insolvenzverwalter Renald Metoja tausenden Anlegern eine erste Abschlagszahlung, in Höhe von 7,5 Prozent der jeweiligen Anlagen, aus. Im April 2021 folgte dann ein Gerichtsurteil des OLG Frankfurt, demnach einem Anleger Schadensersatz, zu zahlen von dem ehemaligen PIM-Gold-Geschäftsführer, zugesprochen wurde. Aufgrund von Hinweisen, PIM-Gold-Mitarbeiter könnten Schmuck und Altgold unterschlagen haben, hofften Anleger später, dass sich die Insolvenzmasse weiter erhöhen könnte. Bestätigt wurden diese Hinweise bislang allerdings nicht.

Einige unseriöse Anwälte versuchten der Zeitschrift Finanztest zufolge von den durch die PIM Gold GmbH geschädigten Anlegern zu profitieren, indem sie

  • entweder mit Ansprüchen warben, die nicht durchsetzbar waren und damit negative Feststellungsklagen und weitere zusätzliche Kosten für die Anleger mit sich zogen
  • oder für die Anmeldung zur Insolvenztabelle unverhältnismäßig hohe Honorare zu verlangen, die bei einem folgenden Vertragsschluss zu verschleiern versucht wurden